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Gegangen, um zu bleiben – Migration und Sepulkralkultur im ZusammenKlang

 

[*** Testphase für die Direktion des Musikwissenschaftlichen Instituts der RSH ***]

Buchpublikation und Multimedia-Dokumente eines Forschungsprojektes der Robert Schumann Hochschule Düsseldorf in Zusammenarbeit mit dem Bundesverband Deutscher Bestatter e. V.

 

Einführung

Volker Kalisch

Als Einführung in die Thematik des Buches dient die Analyse einer Filmszene. Dokumentiert wird ein Filmausschnitt, der zeigt, wie ein Kind um die Jahrhundertwende in ländlicher Umgebung den überraschenden Tod einer vertrauten Person (im protestantischen Norden Deutschlands) erlebt: Ein Junge fragt seine große Schwester nach Sinn und Bedeutung des für ihn noch Unbegreiflichen und erfährt auf diese Weise (kindgerecht) etwas von jenem Todesverständnis, wie es – häufig unbewusst – jenem entspricht, auf dem auch unser „moderneres“, nämlich medizinisch steriles, ins Heim verbrachtes, noch wesentlich fußt. Der/dem Leser*in wird sofort verständlich, um was es in dieser Filmszene im Kern geht. Ebenso werden hier Handlungs- und Verhaltensweisen erkennbar, die wir in dieser Situation der/dem Verstorbenen gegenüber aufzubringen gewohnt sind. Anhand neun herausgegriffener Aspekte wird dabei noch einmal nachgezeichnet, welche kulturellen Elemente unser eingeübtes Todesverständnis wesentlich mit-konstituieren.

Doch als so selbstverständlich sich in der Analyse unser Todesverständnis erweist, als so wenig sich selbsterklärend zeigen sich die einzelnen Aspekte, sobald diese einzeln herausgegriffen und der uns geläufige kulturelle Kontext, nämlich unser eigener, verlassen wird. Zwar lassen sich die genannten Einzelaspekte durchaus auch in anderen Kulturen wiederfinden. Sie genießen dabei aber eine gänzlich andere Bedeutung, sind in andere Handlungsvollzüge eingebettet und werden auch von zum Teil verblüffend „neuen“, weil für uns ungewohnten Reaktionsweisen begleitet. Der „Ausflug“ in andere Todesverständnisse und darauf bezogene Bestattungsweisen bringt gleichsam wie in einem Brennglas auf den Punkt, auf welch grundlegende Art sich ein und dieselbe (biologische) Tatsache in der Vielfalt kultureller Deutungen und Praxen unterscheidet. Dies sagt genauso etwas über die vermeintlich „letzten Dinge“ aus wie über die Lebenden, die dem Unausweichlichen mit sehr unterschiedlichen kulturellen Deutungen – und schon deshalb nicht allein gelassen! – begegnen. Ein Hauptaugenmerk liegt dabei auf Rolle, Funktion und Bedeutung musikalischer „Begleitung“.

Dies also ist das „Thema“ vorliegender Sammelpublikation. In ihr soll in genau auslotenden Einzelfallanalysen an Beispielen nachvollziehbar gemacht werden, wie genau Todesverständnis und darauf bezogenes Handeln in gleichsam normierten, für viele Menschen durchaus repräsentativen Lebens- und Todes-Vorstellungen aussehen. Im Beitrag von Kaan Cevahir werden bestimmte, islamisch geprägte Vorstellungszusammenhänge nachgezeichnet und Handlungsmuster aufgerufen. Uwe Pätzold stellt in seinem Beitrag dar, wie sich aus solchen spezifischen Kontexten Handlungsoptionen oder auch –notwendigkeiten ergeben. Dies wird in seiner Fallanalyse einer ihrerseits synkretistischen chinesischen Sterbehaus-Praxis deutlich. Wie hier sogar „moderne“, durch kulturelle Entwicklungen entstandene vermeintliche „neue“ Praxen über Kernbestände verfügen, die bei anscheinender Beliebigkeit (auf den ersten Blick) des hier sichtbar werdenden Todesverständnis gleichwohl unter der „Oberfläche“ auf bestimmende, unverzichtbare Kernaussagen zurückgreifen, wird auch im Beitrag von Marcell Feldberg ersichtlich. Er untersucht, wie sich die afrikanisch-surinamesisch geprägte Bestattungskultur in der sich durch und durch säkular gebenden niederländischen Gesellschaft als eine durch mehrfache Migrationsbewegungen hybridisierte Kultur behauptet.

Das Buch will so eine Tür aufstoßen, sich nicht nur für die in unserer Gegenwart eher ausgegrenzte existentielle Thematik „Sterben und Tod“ zu interessieren, sondern sich konkret mit einer unausweichlichen, lebenswirklichen Tatsache auseinanderzusetzen, die uns keineswegs auf nur eine, gar nur eine bestimmte Reaktionsweise festlegt und zugleich verdeutlicht, wie wenig sich Tod vom Leben, wie nur unter Aufgabe der Sinnhaftigkeit Leben vom Tod trennen lässt.

Über die Autoren

Ibrahim-Kaan Cevahir M.A., Dr. Marcell Feldberg, Prof. Dr. Dr. Volker Kalisch, Dr. Uwe U. Pätzold.

Die von den Autoren bereitgestellten Foto-, Audio- und Video-Medien sind in den einzelnen Beiträgen abrufbar:

Beiträge

Der Tod zwischen Ritualität, Stille und kultureller Praxis – Gedanken zur Musikalität islamischer Bestattungen unter besonderer Berücksichtigung migrationsspezifischer Verhältnisse in Deutschland.

Ibrahim-Kaan Cevahir
Verwendete Medienformate: Text, Audio.

Die afrikanisch-surinamesische Trauerkultur in den Niederlanden im Kontext kolonialgeschichtlicher Hybridisierung und gesellschaftlicher Pluralisierung.

Marcell Feldberg
Verwendete Medienformate: Text, FotoVideo.

Das universalistische Phänomen „Tod“ und lokalisierte Verhaltensweisen der „Trauer“: Musik und Klang in einigen chinesisch geprägten Sepulkralkulturen.

Uwe U. Pätzold
Verwendete Medienformate: Text, Foto, Video.

Robert Schumann Hochschule Düsseldorf Fischerstraße 110, 40476 Düsseldorf

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